Diesseits und Jenseits des Mittelstreifens

Gerhard van der Grinten 

Galerie Dorn, Stuttgart, 2003

Die Pointen die Klaus Fabricius setzt schlagen mit aller Schärfe. Und auch seine Arbeiten bedienen sich sehr wohl des uns Vorbewußten, dessen, was Gedankengänge freisetzt. Merkwürdige und ungewohnte Zwitterwesen zwischen Plastik, Malerei, Environment, Maschine. Er nutzt das Arsenal der technizistischen Möglichkeiten; Bewegungsmelder, die unverhofft den Betrieb eines Werkes einschalten, sobald man ihm zu nahe kommt; durchaus nicht behaglich, wenn plötzlich das Bild auf den Betrachter reagiert; Photoprints, Segmente von scharfzüngigem Metall, das Flackern von Glühbirnen, die ihrerseits Kerzenflammen imitieren sollen und flugs den Biedermeier in Brand setzen. Es ist das konsequent durchgehaltene Prinzip der Collage und Assemblage von Titel, Materialien, Ladungen, Befindlichkeiten, die sie nicht nur auslösen, sondern provozieren. Ein Drehkasperle, der mit unangenehm militärischem Gehabe einmal die Runde grüßt und kräftig die Haken schlägt, ein Pflasterstein im Cafehausbild, "Freiheit, die ich meine": eine 9mm-Knarre ergänzt das zeigerblinde Blatt der Uhr. Dinge, banal für sich, die in der Kombination erst Schärfe gewinnen und unbarmherzig freisetzen. Und weit über das Naheliegende hinaus sind diese Kommentare zur Welt und zum Weltgeschehen stets ein weniges um die Ecke zu denken: "TV-Krebs", was die Schöne da bedroht ist eine Krabbe auf Video. Aus Ingres "Quelle", dem aktuellen Ideal nach gelängt, quillt Draht statt Wasserstrahlen in eine Fläche, die ein blau eingefärbter Miniaturfernseher erhellt. Klangdosen, eine ganz neue Art der Konservenhaltung. Und immer wieder geraten technische Gerätschaften zum Teil einer Mal- oder Photofläche, fügen sich bei allem Anderssein wie selbstverständlich ein, selbst wenn sie aus der Rundung eines Balles ragen. Muten fast wie Reliquienschreine an. Andere sind Ikonen der ganz anderen Art, wie die Serie gemarterter Frauen, die einem näher gehen, als jene frühen Agnes, Magdalene, Ursula. Dies scheut sich nicht, Geschichten zu erzählen, andere zu zitieren, adaptieren, umzuwandeln: Wanderung in Bildern, in den fremden, zu den eigenen.